Der neue Markt- und Trendbericht «Bio-based Building Blocks and Polymers – Global Capacities, Production and Trends 2019-2024» des deutschen nova-Instituts zeigt Kapazitäten und Produktionsdaten für alle bio-basierten Polymere im Jahr 2019 und gibt eine Prognose für 2024.
Im Jahr 2019 betrug die gesamte Produktionsmenge der bio-basierten Polymere 3,8 Mio. Tonnen, was 1 % der Produktionsmenge der fossil-basierten Polymere entspricht. Dies ist etwa 3 % mehr als noch im Jahr 2018 – dieses jährliche Wachstum wird sich voraussichtlich bis 2024 fortsetzen. Die wichtigsten biogenen Rohstoffe, die für die Produktion von bio-basierten Polymeren genutzt werden,sind Nebenprodukte (46 %). Dabei wird vor allem Glycerin genutzt, ein Nebenprodukt der Biodieselproduktion, das für die Herstellung von Epoxidharzen verwendet wird.
Die Produktion von bio-basierten Polymeren hat sich in den letzten Jahren deutlich professionalisiert und differenziert. Eine große Anzahl verschiedener Hersteller und Anbieter haben sich auf dem Markt etabliert, um bio-basierte Alternativen für praktisch jede Anwendung zu schaffen. Die ohnehin schon große Anzahl von Akteuren im Bereich der bio-basierten Polymere, viele davon aus Asien, macht es schwierig, jede einzelne der Produktionskapazitäten und ihre tatsächliche Produktion zu überprüfen. Detaillierte Recherchen, einschließlich Interviews mit internationalen Experten und Akteuren im Bereich der bio-basierten Polymere, ermöglichen nun eine verifizierte und realistische Sicht auf den Markt.
Wachstum analog des Gesamtmarktes
Die Ergebnisse zeigen einen noch kleineren Markt für bio-basierte Polymere als bisher angenommen: Der Marktanteil der bio-basierten Polymere beträgt nur etwa 1 % des gesamten Polymer- und Kunststoffmarktes (3,8 Millionen Tonnen im Jahr 2019). Die Kapazitäten und die Produktionsmengen von bio-basierten Polymeren werden mit einer erwarteten jährlichen Wachstum von ca. 3 % bis 2024 weiter steigen, was nahezu der prognostizierten Wachstumsrate von Polymeren und Kunststoffen auf fossiler Basis entspricht.
Der Anstieg der Produktionskapazität von 2018 bis 2019 basiert im Wesentlichen auf dem Ausbau der Polybutylenadipat-terephthalat-Produktion (PBAT) in Europa, der weltweiten Epoxidharzproduktion und der europäischen Produktion von stärkehaltigen Kunststoffen. Außerdem wurden 2019 erhöhte und neue Kapazitäten von Polybutylensuccinat und Copolymeren (PBS(X)), bio-basiertem Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP) – erstmals kommerziell verfügbar – gemeldet.
Insbesondere Epoxidharze und PP werden bis 2024 weiter deutlich wachsen. Zudem werden Polyhydroxyalkanoate (PHA) voraussichtlich bis 2024 ihre Kapazitäten ausbauen können. Im Jahr 2019 haben detaillierte Untersuchungen des Marktes für bio-basierte Strukturpolymere signifikante Veränderungen und eine frühere Fehlinterpretation der verfügbaren, aber nicht transparenten Marktzahlen ergeben. Daher ist das tatsächliche weltweite Produktionsvolumen für bio-basierte Polymere im Jahr 2018 deutlich geringer als im vorangegangenen Bericht publiziert.
In Anbetracht der zukünftigen stetigen Zunahme von bio-basierten Polymeren ist der Bedarf an Biomasse ein wichtiger Faktor, der berücksichtigt werden muss. Dies gilt insbesondere für die immer wiederkehrende Diskussion über die Nutzung von sog. «food crops» für die bio-basierte Polymerproduktion. Der wichtigste Biomasse-Rohstoff für die bio-basierte Polymerproduktion sind biogene Nebenprodukte (46 %), insbesondere Glycerin als Nebenprodukt der Biodieselerzeugung, das über Epichlorhydrin als Zwischenprodukt hauptsächlich für die Epoxidharzproduktion verwendet wird. Die verwendete Biomasse besteht zu 37 % aus Stärke und Zucker, zu 8 % aus Cellulose (hauptsächlich für Celluloseacetat) und zu 9 % aus Pflanzenölen, sowohl Speiseöle wie auch nicht verzehrbare Industrieöle, wie z. B. Rizinusöl.
Biobasierte Komponenten betragen 43 Prozent
Von den 3,6 Millionen Tonnen produzierter bio-basierter Polymere (vollständig und teilweise bio-basiert, ohne biologisch abbaubare PBAT und PBS auf fossiler Basis) sind nur 1,6 Millionen Tonnen tatsächliche biobasierte Komponenten der Polymere (43 %). In Anbetracht dieser Tatsache wird dreimal mehr Rohmaterial benötigt als in den Polymeren endet. Diese Menge von über 3,4 Millionen Tonnen (68 %) an Rohstoffen, die nicht in das Produkt gelangen, ist auf die hohe Anzahl an Konversionsschritten und die damit verbundenen Rohstoff- und Zwischenproduktverlusten zurückzuführen. Insgesamt bleibt das Marktumfeld mit niedrigen Rohölpreisen und wenig politischer Unterstützung weiterhin eine Herausforderung.
Die beiden großen Stärken der bio-basierten Polymere sind bisher politisch nicht honoriert worden. Der erste Vorteil besteht darin, dass bio-basierte Polymere im Produktionsprozess fossilen Kohlenstoff durch erneuerbaren Kohlenstoff aus Biomasse ersetzen. Dies ist für eine nachhaltige, klimafreundliche Kunststoffindustrie unabdingbar und wird politisch bisher nicht honoriert.
Den zweiten Vorteil bieten mehr als die Hälfte der bio-basierten Polymere: Sie sind biologisch abbaubar (abhängig von den Umweltbedingungen) und können daher eine Alternative für Kunststoffe sein, die nicht gesammelt werden und in die Umwelt gelangen können. Hier könnten sie biologisch abgebaut werden, ohne Mikrokunststoffe zu hinterlassen. Nur wenige Länder wie Italien, Frankreich und voraussichtlich Spanien werden diesen zusätzlichen Entsorgungsweg politisch unterstützen.
Im Jahr 2019 wurde das Einweg-Kunststoffverbot („single-use plastic ban“) der Europäischen Union verabschiedet. Es wird im Sommer 2020 in Kraft treten. Biologische Abbaubarkeit und ein bio-basierter Ursprung werden nicht als Gründe für eine Ausnahme von dem Verbot anerkannt. Fast alle bio-basierten und biologisch abbaubaren Polymere werden zusammen mit fossilen Kunststoffen in Sippenhaft mit petrochemischen Kunststoffen genommen und ebenfalls verboten. Nur sogenannte «natürliche Polymere», die von der Natur polymerisiert werden, sind davon ausgenommen.
Im Rahmen der derzeit in der REACH-Verordnung erarbeiteten Mikroplastikbeschränkung werden PHBs voraussichtlich von einem Mikroplastikverbot ausgenommen sein. Im Sommer 2020 wird die endgültige Verordnung erwartet. Die wichtigsten Markttreiber in den Jahren 2018 und 2019 waren Marken, die ihren Kunden umweltfreundliche Lösungen anbieten wollen und kritische Verbraucher, die nach Alternativen zur Petrochemie suchen. Würden bio-basierte Polymere als Lösung akzeptiert und ähnlich wie Biokraftstoffe gefördert, könnten jährliche Wachstumsraten von 10 bis 20 % und mehr erreicht werden. Gleiches gilt, wenn der Ölpreis deutlich steigen sollte. Aufgrund der bereits vorhandenen technischen Reife der bio-basierten Polymere könnten in diesen Fällen erhebliche Marktanteile gewonnen werden.
Der Markt- und Trendreport wird von der internationalen Biopolymer-Expertengruppe unter der Leitung des nova-Instituts erstellt. Die entsprechenden Autoren kommen aus Asien, Europa und Nordamerika. Der Bericht 2019 ist ab sofort für 3.000 € unter www.bio-based.eu/reports erhältlich – neben weiteren Marktstudien zu verschiedenen Themen der bio- und CO2-basierten Wirtschaft. Dort ist auch eine Kurzfassung der Studie verfügbar.