Was sich 2017 anlässlich der durchgeführten Datenerhebung durch den Verband Swiss Plastics abzeichnete, ist Tatsache geworden: Die Kunststoffunternehmen in der Schweiz konnten 2017 – nach zwei Jahren im Rückwärtsgang – wieder zulegen und dies quer durch die Branche. Erstaunlich ist vor allem, wie massiv teilweise der Zuwachs erfolgte. «Die positive Wende hat sich bereits im 4. Quartal 2017 angekündigt und wir rechneten entsprechend mit einem moderaten Zuwachs», erzählt Kurt Röschli, Geschäftsführer Technik von Swiss Plastics. «Tatsächlich ist es nun so, dass wir im Vergleich zur EU28 sogar überdurchschnittlich gewachsen sind», freut er sich. Von der guten Konjunktur konnten alle profitieren, allen voran die Rohstofflieferanten, deren Umsätze mit einem Plus von 9,6 Prozent den Einbruch um gut 10 Prozent im Jahr 2015 vergessen lassen. Auch den Maschinen- und Peripherieherstellern lief es ausgezeichnet, sie konnten einen Zuwachs von 9,5 Prozent verbuchen. Insgesamt erwirtschaftete die Branche einen Umsatz von 14,539 Milliarden Franken, was einem Plus von 5,6 Prozent entspricht. Das satte Wachstum bei den Rohstofflieferanten auf 2,778 Millarden Franken ist den gestiegenen Rohstoffpreisen geschuldet. Röschli vermutet, dass die Hersteller die Preiszuwächse weitergegeben haben, was den Verarbeitern nur teilweise möglich war. Die Verarbeiter konnten einen Umsatz von 9,511 Milliarden Franken (+4,4 Prozent) erzielen.
Steigende Beschäftigung
Das entspricht in etwa dem Zuwachs, den die deutschen Verarbeiter gemäss GKV (Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie) verzeichnen konnten (+4,8 Prozent). Während in den letzten Jahren die Anzahl Firmen bei sinkenden Mitarbeiterzahlen relativ konstant geblieben ist, ging diese 2017 erstmals zurück (– 6 Prozent). Parallel dazu wurden leicht mehr Personen beschäftigt (+1,2 Prozent). Röschli erklärt sich den Rückgang der Unternehmen durch Fusionen und Konkurse, aber auch durch Abwanderungen ins Ausland. «Es wurde ja immer mal wieder bezweifelt, dass die von uns angegebene Firmenanzahl stimmt. Unsere Zahlen werden aber durch die von der Suva erhobenen Zahlen bestätigt», macht er deutlich. Dass es im letzten Jahr trotz weniger Firmen mehr Beschäftigte gab, ist mit dem positiven Konjunkturverlauf erklärbar. Das Wachstum schlägt sich auch in den verarbeiteten Mengen von Kunststoff und Kautschuk nieder, ist aber – verglichen mit dem Umsatzzuwachs – moderat. Gemäss eidgenössischer Zollverwaltung (EZV) wurden 2017 insgesamt 824 445 Tonnen verarbeitet, das sind 20 000 Tonnen oder 2,5 Prozent mehr als im Vorjahr. «Das unterstreicht die Vermutung, dass die Rohstoffpreise gestiegen sind, die Verarbeiter diese aber nicht in vollem Umfang weitergeben konnten», so Röschli.
Export: Die Richtung stimmt
Die Exportrate bewegt sich seit 2015 seitwärts. Insgesamt wurden für 3295 Millionen Franken Teile, Komponenten und Fertigprodukte exportiert (Vorjahr: 3268 Millionen Franken). «Erfreulich ist, dass der Export von Fertigfabrikaten von 1669 auf 1703 Millionen Franken zugenommen hat. Halbfabrikate gingen von 1599 auf 1592 Millionen Franken minimal zurück. Erfreulich deshalb, weil es zeigt, dass eine grössere Wertschöpfung im Inland geblieben ist und wir – dank stärkerem Euro – konkurrenzfähiger sind», erklärt Röschli. Die Einsatzbereiche von Kunststoff und Kautschuk präsentieren sich naturgemäss ziemlich stabil und weisen ein ähnliches Profil auf wie in Deutschland. Mit 43,2 Prozent (44,2 Prozent) sind Verpackungen unangefochtener Spitzenreiter, gefolgt von Bau mit 38,6 Prozent (34 Prozent). Hier begünstigen sicher auch die tiefen Zinsen die rege Bautätigkeit. Weiter ins Gewicht fallende Bereiche sind mit 5,6 Fahrzeuge und mit 3,6 Prozent die Medizin. Der Rest teilt sich auf in Elektro und Elektronik (2,1 Prozent) sowie Haushalt, Möbel und Landwirtschaft.
Recycling ist nötig und sinnvoll
Der Wiederverwertung kommt vor dem Hintergrund der EU-Vorgabe, bis ins Jahr 2030 55 Prozent der Kunststoffverpackungen dem Recycling zuzuführen, eine wachsende Bedeutung zu. Auch als Nicht-EU-Land steht die Schweiz unter Druck und dürfte nachziehen müssen, so die Meinung von Röschli. Erfreut ist er über den Einsatz von Recyclingmaterial. Mit einem Anteil von 19 Prozent (14 Prozent) ist dieser so hoch wie nie zuvor. Als Gründe sieht der Geschäftsführer zum einen ein wachsendes Bewusstsein, den Wertstoff Kunststoff möglichst lange im Kreislauf zu halten, zum anderen die gesetzlichen Vorgaben. Störend empfindet er, dass die EU das Verbrennen von Kunststoffabfall nicht als Recycling taxiert, sondern nur stoffliches Recycling gelten lässt. «Für mich ist thermisches Recycling absolut sinnvoll. So spart beispielsweise die Perlen Papier 40 Millionen Liter Erdöl, indem sie rund 40 Prozent Verbrennungsenergie, die sie aus der nahe gelegenen Kehrichtverbrennungsanlage bezieht, zur Papierherstellung nutzt.»
Mehr Kunststofftechnologen, aber lange nicht genug
Der Fachkräftemangel wird angesichts der Anzahl Lernenden in der Kunststoffindustrie weiter bestehen bleiben. Zwar haben sich 2017 insgesamt 289 – das sind 43 mehr als im Vorjahr – zum Kunststofftechnologen ausbilden lassen und 47 (34) zum Verarbeiter, aber diese Zahlen sind immer noch weit weg vom Bedarf: «Wir sollten pro Jahr mindestens 200 Azubi mehr haben», so Röschli. «Am besten so viele, wie sich zum Polymechaniker ausbilden lassen.» Diese Ausbildung haben 547 (492) Lernende gewählt. Der vom Bundesamt für Statistik erhobene «Index Umsatz Gummi- und Kunststoffwaren» steigt erstmals wieder seit dem Frankenschock 2015. Der «Index Umsatz im Verhältnis zu Produktion» verläuft wesentlich flacher. «Mit Blick auf das Jahr 2015 heisst das nichts anderes, als dass der Umsatz bei gleicher Produktionsmenge stärker zurückging. Man hat das Volumen mit tieferen Preisen verteidigt. Im Jahr 2017 sieht es so aus, dass der Umsatz stärker gewachsen ist als die Produktion», erläutert Röschli. «Wie sich dabei die Margen entwickelt haben, ist offen. Zu berücksichtigen sind hier aber allfällige Veränderungen der Rohstoffpreise.» Der Blick in die nahe Zukunft ist rosig. Die Stimmung ist gemäss Umfrage von Swiss Plastics (Stand: März 2018) bei den Betrieben deutlich besser als noch vor Jahresfrist. So rechnen rund 63 Prozent der Befragten im laufenden Jahr mit höheren Umsätzen, 28 Prozent erwarten, dass die Umsätze gleich bleiben und nur knapp 10 Prozent gehen von tieferen Umsätzen aus. Beim Personal wollen 33 Prozent der befragten Unternehmen Leute einstellen und 57 Prozent den Personalstand beibehalten. 10 Prozent geben an, die Mitarbeiterzahl reduzieren zu wollen. Aufgrund der Zahlen und der Trendaussagen ist Röschli zuversichtlich, dass die Branche 2018 weiter zulegen kann und wird.
Swiss Plastics
Der Verband Swiss Plastics ist der Vertreter der schweizerischen Kunststoffindustrie, deren rund 800 Unternehmen mit ihren 35 000 Mitarbeitenden einen Jahresumsatz von circa 15 Milliarden Franken erzielen. Sein Ziel ist es, den verantwortungsvollen Umgang mit der Ressource Kunststoff zu fördern, ökonomisch und ökologisch sinnvolle Lösungen zur Verwertung von Kunststoffabfällen zu entwickeln und seinen Mitgliedern moderne, zielgerichtete Möglichkeiten zur beruflichen Aus- und Weiterbildung zu bieten. Zurzeit gehören Swiss Plastics knapp die Hälfte aller in der Schweizer Kunststoffindustrie tätigen Unternehmen an. Präsidiert wird der Verband Swiss Plastics von Silvio Ponti.
Marianne Flury ist seit 2011 Chefredakteurin von KunststoffXtra, der Schweizer Fachzeitschrift für Werkstoffe, Verarbeitung und Anwendungen. Vorher war sie 20 Jahre lang Chefredakteurin von SwissPlastics, ehemals Kunststoff-Synthetics. Sie ist in der Kunststoffbranche im D-A-CH Gebiet bestens vernetzt.
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