Die volatilen Märkte und Unsicherheiten der Lieferketten verlangen heute ganz neue Lösungen von der Kunststoffindustrie. Wichtige Themen sind die Steigerung der Energie- und Materialeffizienz bei Prozessen, die Steigerung von Kreislaufquoten in allen Materialklassen und das konsequente Vorantreiben der Digitalisierung. Anwendungsnahe Forschung in Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen, ausseruniversitären Forschungseinrichtungen, wie dem Kunststoff-Zentrum SKZ aus Würzburg in Deutschland, liefert als Wegbereiter zukunftsfähige Lösungen.
Energieeffizienz von Prozessen und Technologien wird immer wichtiger
Energieeffizienz ist inzwischen ein Dauerthema. Dies hat sowohl bei öffentlichen Fördermittelgebern für die Initiierung von Forschungsprojekten wie auch bei Unternehmen eine hohe Priorität. Ein Beispiel in der Kunststoffverarbeitung ist die Vorwärmung von Granulaten und Compounds mit vorhandener Abwärme oder erneuerbarer Energie. Mit prozessbedingter Abwärme ist eine Reduktion des Primärenergiebedarfs im erheblichen Umfang möglich und erreicht je nach Antriebsleistung des Extrusionsmotors bis zu 19 Prozent. In bisher mehr als 10000 durchgeführten Audits konnte das SKZ auch immer wieder zeigen, dass sich durch richtiges Energiemanagement bis zu 30 Prozent Energie in der Produktion einsparen und vielversprechende Optimierungsmöglichkeiten entdecken lassen.
Transformation zur Kreislaufwirtschaft kann gelingen
In vielen Bereichen wird an der Transformation der Linear- zur Kreislaufwirtschaft gearbeitet und setzt diese als Zukunfts- und Querschnittsthema in den Fokus. In den Forschungstechnika des SKZ werden Prozesse praxisnah weiterentwickelt, die zur Herstellung von Regranulaten, Re-Compounds sowie zur Verarbeitung (Extrusion, Spritzguss, additive Fertigung, Fügen) von Rezyklaten zum Einsatz kommen; die erforderliche Qualitätssicherung ist gleich inklusive. Am SKZ werden Lösungen entwickelt, um Sekundärkunststoffe möglichst wieder in hochwertigen Anwendungen zum Einsatz zu bringen und das Design von Kunststoffprodukten nachhaltig und recyclingfähig zu gestalten.
So soll bspw. im Projekt COPPA eine offene und skalierbare Circular Collaboration Plattform (CCP) als unternehmensübergreifendes Informationskonzept etabliert werden. Dies soll Recyclern, Wiederaufbereitern, Verarbeitern von Kunststoffen, Verpackungsherstellern, Markenartiklern und Lebensmitteleinzelhändlern eine lückenlose Nachverfolgung von Kunststoffen aus Verpackungen ermöglichen.
Digitalisierung unterstützt die Transformation
Digitalisierung und Industrie 4.0 sind in der Kunststoffindustrie auch nicht mehr wegzudenken. Die Unternehmen haben ihren Digitalisierungsgrad in den letzten Jahren erheblich gesteigert. Besonders die bruchfreie Nutzung der Daten steht inzwischen im Fokus. Wo früher händisch geführte Prozessprotokolle anzutreffen waren, werden heute zeitaufgelöste Prozessdaten ausgewertet. Herausforderungen sind dabei noch, dass z.B. standardisierte Schnittstellen unterschiedlich umgesetzt werden oder relevante Daten nur über Umwege erfasst werden können. Dies aufzulösen, kostet viel Zeit bzw. Geld und ist eines der zentralen Probleme bei der Digitalisierung im Mittelstand.
Dabei ändern sich die Werkzeuge und Methoden kontinuierlich. Es ist ebenfalls eine Herausforderung, die vielen Informationen im Blick zu behalten. Hier helfen Forschungsprojekte zwischen Unternehmen und digitalen Technologieanbietern, die gemeinsam und gezielt ökonomisch und ökologisch tragfähige Lösungen entwickeln. Das Projekt CYCLOPS liefert bspw. Ansätze, um mit KI den Recyclateinsatz deutlich zu erhöhen und das Projekt ProBayes entwickelt Qualitätsmodelle zur Optimierung und Online-Überwachung von Spritzgussprozessen mithilfe Bayes’scher Netze.
Die Aufgaben sind also vielfältig. Dennoch: Innovative Lösungen aus der Forschung können die Resilienzfähigkeit von Unternehmen und Wirtschaft stärken. Ganz aktuell nimmt das SKZ die «Modellfabrik» ab 2023 in Betrieb. In hochmodernen Technika auf über 4700 m2 Nutzfläche werden dort zukunftsrelevante Themen, wie Digitalisierung in der Produktion, künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen für mehr Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz bearbeitet und machen die Kunststoffindustrie langfristig fit für die Zukunft.