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Wie sich synthetisches Gummirohmaterial abbauen lässt

Publiziert

Ziel der Forscher ist es, künftig auch andere ähnliche Stoffe aus Autoreifen abbauen zu können.

Enzyme sind in der Lage, synthetisches Polyisopren abzubauen. Die richtigen Bedingungen dafür haben nun Forschende der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und des Leibniz-Instituts für Pflanzenbiochemie (IPB) geschaffen. Polyisopren ist Hauptbestandteil von Naturkautschuk und von vielen Gummisorten, die beispielsweise auch in Autoreifen genutzt werden. Bislang konnte nur Polyisopren abgebaut werden, das dem natürlich vorkommenden sehr ähnlich ist. Die Forschung könnte wichtige Erkenntnisse auf dem Weg in Richtung Kreislaufwirtschaft liefern. Die Studie erschien im Fachjournal "Green Chemistry".

Naturkautschuk wird für die Gewinnung von Polyisopren verwendet, aus dem viele Gummi- und Kunststoffsorten bestehen. Polyisopren ist ein langkettiges Molekül, das durch Verknüpfung von Hunderten bis Tausenden kleinerer Isoprenmoleküle entsteht. "Verschiedene Bakterien sind in der Lage, natürliches Polyisopren mit Hilfe von Enzymen abzubauen", sagt der Chemiker Vico Adjedje von der MLU. Enzyme sind Biomoleküle, die chemische Reaktionen in allen lebenden Organismen - von simplen Einzellern bis zum Menschen - erst ermöglichen. Da der weltweite Bedarf an Gummiprodukten größer ist, als durch Naturkautschuk gedeckt werden kann, wird der Ausgangsstoff auch künstlich hergestellt. Die natürliche und die synthetische Variante haben ähnliche Eigenschaften, unterscheiden sich aber zum Teil in der Struktur der Moleküle, aus denen sie aufgebaut sind.

Die Gruppen von Prof. Dr. Wolfgang Binder an der MLU und Jun.-Prof. Dr. Martin Weissenborn vom IPB und der MLU haben nun einen Weg gefunden, künstlich hergestelltes Polyisopren mit Hilfe des Enzyms LCPK30 zu zersetzen. "Wir sind die ersten, denen es gelungen ist, das Polyisopren in eine Darreichungsform zu bringen, mit der das Enzym auch arbeiten kann", sagt Binder. Dabei haben sich die Forschenden von der Natur inspirieren lassen: "Unsere Vermutung war, dass synthetisches Polyisopren in einer Emulsion vorliegen sollte, damit das Enzym richtig arbeiten kann", so Adjedje.

Eine Emulsion ist beispielsweise Milch, die zum Großteil aus Wasser und Fett besteht. Letzteres bildet wenige Mikrometer große Kügelchen und seine feine Verteilung im Wasser sorgt auch dafür, dass Milch trüb ist. Genauso wie Fett ist Polyisopren in Wasser quasi unlöslich. Die Natur schafft es dennoch, es gleichmäßig im Wasser zu verteilen: als milchig-weißer Latexsaft, der auf Gummiplantagen geerntet und zu Naturkautschuk weiterverarbeitet wird. Mit Hilfe eines speziellen Lösemittels gelang es den Forschenden, auch synthetisch hergestelltes Polyisopren gleichmäßig in Wasser zu verteilen, während das Enzym über die Reaktionszeit intakt blieb und die langen Molekülketten des Polyisoprens in deutlich kleinere Teile zerlegte.

Das Ziel der Forschenden ist es, künftig auch andere ähnliche Stoffe aus Autoreifen abbauen zu können. "Bis zum fertigen Reifen passiert einiges mit dem Ausgangsmaterial: die Molekülketten werden chemisch quervernetzt, um die mechanischen Eigenschaften zu verändern. Weichmacher und Antioxidationsmittel kommen hinzu. Vor allem Letztere sind ein Problem für das Enzym, weil sie seine Struktur angreifen", sagt Adjedje. Die Ergebnisse geben auch wichtige Anstöße in Richtung Kreislaufwirtschaft. "Wir könnten die Abbauprodukte weiterverarbeiten zu Feinchemikalien und Duftstoffen - oder wieder neue Kunststoffe herstellen", erklärt Binder. Die Forschenden haben LCPK30 so verwendet, wie es in der Natur vorkommt. Die Arbeitsgruppe von Weissenborn arbeitet nun daran, das Enzym so zu optimieren, dass es unempfindlicher gegen Lösemittel wird und weitere Reaktionen auslöst.

Originalveröffentlichung

  • Studie: Adjedje V. et al.; "Enzymatic degradation of synthetic polyisoprenes via surfactant-free polymer emulsification"; Green Chemistry; 2021

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