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Zwar wurde in der Schweiz die Volksinitiative für eine grüne Wirtschaft abgelehnt, doch der Ruf nach Unabhängigkeit vom Erdöl, nach mehr Nachhaltigkeit und einer grünen Chemie wird lauter. Ein Meilenstein auf dem Weg dorthin gelang nun einem Forscherteam der ETH und der Universität Osaka bei der Herstellung von Propen, einem wertvollen Rohmaterial der Petrochemie.
Der Stein der Weisen, der aus Quecksilber Gold macht, ohne sich zu verbrauchen – davon träumten schon die Alchimisten vor über tausend Jahren. Katalysatoren kommen diesem Stein recht nah. Sie sind Stoffumwandler, verbrauchen sich bei der Umwandlung (idealerweise) nicht und im Allgemeinen ist das Produkt der Stoffumwandlung wertvoller als das Ausgangsprodukt. Sehr viele Prozesse der Petrochemischen Industrie setzen Katalysatoren ein zur Umwandlung von Erdöl in wertvolle Produkte, wie beispielsweise Propen. Die Verbesserung der Prozesse durch neue oder verbesserte Katalysatoren ist Gegenstand der wissenschaftlichen Forschung. Ein Beispiel hierfür ist die Senkung der Prozesstemperatur bei der Herstellung von Propen durch die Reduktion des verwendeten Katalysators.
Herstellung von Propen
Propen ist ein wichtiger Rohstoff für die chemische Industrie. Das geruchlose und brennbare Gas wird für die Herstellung von Polymeren und Feinchemikalien benötigt. Beim Steamcracken wird Propen aus längerkettigen Alkanen gewonnen. Steamcracker sind komplexe petrochemischen Anlagen, deren Prozesstemperaturen zwischen 800 und 1200 Grad liegen. Alkenmetathese wird eingesetzt, wenn beim Cracken – was häufig passiert – Nebenprodukte entstehen. Diese Nebenprodukte werden dann durch die Alkenmetathese ins finale Produkt umgesetzt. Ein Beispiel hierfür ist beim Steamcracken anfallendes Ethen, welches mit Hilfe der Alkenmetathese zu Propen umgewandelt werden kann.
Katalystoren und Alkenmetathese
Katalysatoren beschleunigen chemische Reaktionen und reduzieren deren Aktivierungsenergie. Technische Katalysatoren werden in der erdölverarbeitenden Industrie schon seit mehr als hundert Jahren eingesetzt, so auch bei der Alkenmetathese. Die Bedeutung dieser Reaktion für die Chemische Industrie ist gross: Im Jahr 2005 wurde den Forschern Chauvin, Schrock und Grubbs für ihre Erkenntnisse zur Metathese und die Fortschritte in der Entwicklung der Reaktion mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet. Die Art des Katalysators bestimmt den Ablauf der Reaktion. Bei der Verwendung von homogenen Katalysatoren, also Katalysatoren, die in der Phase der Edukte der Reaktion vorliegen, verläuft der Prozess bei niedrigeren Temperaturen als bei der Verwendung von heterogenen Katalysatoren, also von Katalysatoren, die in einer anderen Phase vorliegen als die Edukte. Der Nachteil von homogenen Katalysatoren ist jedoch, dass sie sich schlecht vom Reaktionsgemisch abtrennen lassen. Deshalb wird häufig den heterogenen Alternativen der Vorzug gegeben.
Als Katalysator wird heute für die Alkenmetathese in der Regel Siliziumdioxidgebundenes Wolframoxid verwendet. Mit dem Einsatz dieses heterogenen Katalysators benötigte die Reaktion bisher eine Prozesstemperatur von etwa 400 Grad und damit viel Energie. Ausserdem konnte keine Biomasse als Ausgangsmaterial eingesetzt werden, da diese bei der hohen Temperatur zerfällt. Die Verringerung der Prozesstemperatur der Alkenmetathese durch die Verbesserung des Katalysators ist Gegenstand der Forschung des Teams von Prof. Copéret an der ETH Zürich und Prof. Mashima der Osaka Universität. Ihnen gelang es nun, durch die Reduktion des eingesetzten Katalysators die Reaktionstemperatur auf 70 Grad zu reduzieren.
Reduktion des Katalysators
Bei der Reduktion des siliziumdioxidgebundenen Wolframoxid Katalysators wandern Elektronen zum Metall hinüber und bewirken, dass das Metallzentrum weniger positiv geladen ist. Reduktionen kommen recht häufig in der Chemie vor und werden auch industriell in verschiedenen Bereichen eingesetzt. Von Bedeutung ist hierbei, wie etwas reduziert wird und was für Nebenprodukte entstehen können. Für einige Katalysatoren kann eine Reduktion wichtig sein, um ein reaktives Reagenz herzustellen. Dies ist bei dem Katalysator für die Alkenmetathese der Fall.
Während der Reduktion werden Elektronen vom Reduktionsmittel zum Wolfram transportiert. Am Anfang ist Wolfram +6 geladen W(VI) und wird bei der Reduktion in +4 geladenen W(IV) umgewandelt. Als Reduktionsmittel wurde eine metall- und salzfreie Organosiliciumregenz eingesetzt, die keine Verunreinigungen an der Katalysatoroberfläche hinterlässt.
W(IV) Zentren formen Alkylid Spezies
Für den Katalysestart, der die Stoffwandlung bei der Alkenmetathese auslöst, ist das Vorhandensein einer Alkylid Spezies verantwortlich. Eine Alkylid Spezies ist ein Intermediat, welches während der Reaktion der Alkenmetathese entsteht. Ohne Alkylid ist es nicht möglich, die Stoffumwandlung durchzuführen. Bei der Verwendung von herkömmlichen heterogenen Katalysatoren liegen die Alkylid Spezies erst bei 400 Grad vor. Das heisst, dass erst bei dieser hohen Temperatur die Stoffumwandlung einsetzt. Wurde der Katalysator wie oben beschrieben reduziert, dann weist er W(IV) Zentren auf, also Wolfram Atome mit einem Oxidationszustand von +4. Diese W(IV) Zentren können schon bei niedrigen Temperaturen eine Alkylid Spezies formen und damit den Prozess der Stoffumwandlung früher auslösen. Die Lebensdauer des Katalysators wird durch die Reduktion nicht beeinträchtigt. Er kann mit demselben Reagenz recycelt werden, wie nicht reduzierte Katalysatoren.
Bedeutung und Ausblick
Das Verfahren der Alkenmetathese bei hohen Temperaturen (400 Grad) wird schon seit langem in der Industrie eingesetzt. Der Prozess mit reduzierten Katalysatoren bei tiefen Temperaturen beschreibt eine sehr neue Methode, die derzeit noch nicht in industriellen Prozessen verwendet wird. Die Reduktion der Reaktionstemperatur erlaubt eine bessere Energieeffizienz der Alkenmetathese. Da die Reaktion bei tiefen Temperaturen abläuft ist zudem denkbar, dass sie für die Herstellung zusätzlicher Produkte verwendet werden kann, die bei hohen Temperaturen nicht stabil sind. Weiterführende aktuelle Forschungsaktivitäten der beteiligten Forscherteams an der ETH Zürich und der Osaka Universität ist die Untersuchung auf andere, nicht Wolfram basierte Katalysatoren und der Einsatz der gleichen Prozedur auf andere Katalysatoren.
Heike Henzmann
Literatur
https://www.chab.ethz.ch/news-und-veranstaltungen/dchab-news/2016/08/paradigmenwechsel-bei-industrie-katalysatoren.html, zuletzt abgerufen am 11.10.2016
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