Die im galvanischen Verfahren abgeschiedene Chromschicht liegt als Metall in neutraler Form – Chrom(0) – vor und ist nicht toxisch. Verchromte Bauteile sind somit ungefährlich. Die für die Verchromung notwendige Chromsäure besteht aus wässrigem Chromtrioxid. Bei Chromtrioxid handelt es sich um sechswertige Chromverbindungen, sprich Chrom(VI). Chromtrioxid wurde 2010 in die Liste besonders besorgniserregender Stoffe (SVHC – Substance of Very High Concern) aufgenommen. Mit der Listung im Anhang XIV der REACH Verordnung darf Chromtrioxid nach Ablauf des Sunset Dates (21. September 2017) nur noch verwendet werden, wenn eine Zulassung durch die EU Kommission erteilt wurde. Die Zulassung wird jeweils für einen begrenzten Zeitraum gewährt, da grundsätzlich eine Substitution des Gefahrstoffes angestrebt wird.
BeGreen Chrome – Funktionelle Beschichtung mit Chrom(III)
Aufgrund der von Chrom(VI) ausgehenden Gefahren, setzt sich die Branche intensiv mit möglichen Alternativen zur sechswertigen Verchromung auseinander. Während für dekorative Zwecke bereits die Chrom(III)-Technologie zum Einsatz kommt, konnte dieses Verfahren bisher nicht auf die funktionelle Hartverchromung übertragen werden. In einer gemeinsamen Forschungskooperation ist COVENTYA und Betz-Chrom die Entwicklung eines Pilot-Prozesses zur funktionellen Beschichtung mit Chrom(III) gelungen. Das Verfahren BeGreen Chrome scheidet aus dem Elektrolyten DURATRI 240 eine funktionelle Hartchromschicht auf Basis dreiwertiger Chromverbindungen ab.
Der eigens geschaffene Verfahrensname BeGreen Chrome spielt auf diese Besonderheit an. Während Chrom(VI)-oxid rotviolett ist, weist Chrom(III)-oxid eine grüne Farbe auf – «Green». Ohne Chemiekenntnisse sind hingegen die Namensbestandteile «Be» für Betz-Chrom und «Chrome» als Hinweis auf die Art der Beschichtung zu verstehen.
Technische Eigenschaften
In der Forschungskooperation zwischen COVENTYA und Betz-Chrom wurden die Handhabung des Elektrolyten und die technischen Eigenschaften der abgeschiedenen Schicht untersucht. Dafür hat Betz-Chrom verschiedene Materialien mit DURATRI 240 verchromt und diverse Oberflächengüten erzeugt. Die Analyse der Schichteigenschaften führte das unabhängige Institut für Galvanound Oberflächentechnik Solingen (IGOS) durch. Die im Verfahren BeGreen Chrome produzierten Hartchromschichten weisen eine gute Schichthaftung auf. Eine vorherige Unternickelung ist für die Schichthaftung nicht notwendig.
Im Gegensatz zur metallisch-blauen Färbung der klassischen Hartchromschichten weist die aus dem dreiwertigen Elektrolyten abgeschiedene Chromschicht eine metallisch-graue Farbe auf. Im Bereich der funktionellen Beschichtung können diese Farbunterschiede als unkritisch angesehen werden. Punkten kann die im Verfahren BeGreen Chrome erzeugte Schicht in der hohen Härte, die mit einer Nachbehandlung sogar bis auf 1600 HV erhöht werden kann. Entsprechend überzeugen kann der Abriebwiderstand mit einer Gewichtsdifferenz von 1,6 mg/1000 Umdrehungen im Taber-Abraser-Test.
In der Struktur ist das klassische Hartchrom der Chromschicht aus dem Chrom(III)-Elektrolyten noch überlegen. Schichten aus sechswertigen Hartchromelektrolyten weisen kleinste Risse auf, die nicht durchgängig sind. Die Mikrorisse erzeugen ein antiadhäsives Verhalten und tribologische Vorteile. Zu Beginn wies der Querschliff der Hartchromschicht auf Basis dreiwertiger Chromverbindungen vereinzelte breite und durchgängige Risse auf.
Durch diese Makrorisse kann Feuchtigkeit bis zum Grundwerkstoff dringen und zu Korrosion führen. Mit einer vorherigen Unternickelung können die Bauteile vor Korrosion geschützt werden. Dies bestätigen die Ergebnisse der Salzsprühnebelprüfung für das hybride Schichtsystem Chemisch Nickel High Phos und Hartchrom auf Basis dreiwertiger Chromverbindungen. Durch Anpassungen im Beschichtungsprozess ist es Betz-Chrom gelungen das Rissbild signifikant zu verbessern. Die Rissanzahl konnte erhöht und ihre Breite und Länge verringert werden. Der Fortschritt wird im Vergleich der beiden Schliffbilder deutlich. Durchgehende Risse können aber bisher nicht vollständig verhindert werden. Entsprechend besteht hier weiterer Verbesserungsbedarf.
Neue Erkenntnisse durch Kundenbauteile
Als Lohnbeschichter steht Betz-Chrom vor der besonderen Herausforderung, eine geeignete Alternative für die vielen verschiedenen Anwendungsfälle ihrer Kunden zu finden. Das Unternehmen geht davon aus, dass es bei dem Ersatz von Hartchrom nicht die eine Alternative geben wird. Deshalb ist es bei der weiteren Forschung und Entwicklung für Betz-Chrom elementar wichtig, zu verstehen, welche technischen Anforderungen erfüllt sein müssen. Diese werden vom technischen Einsatz der Teile bestimmt. Nicht alle Bauteile benötigen alle Eigenschaften, die klassisches Hartchrom bietet.
Deshalb rief der Oberflächenbeschichter schon frühzeitig andere Unternehmen dazu auf, das neue Beschichtungsverfahren zu testen. Mittlerweile wurden Projekte mit sechs Unternehmen gestartet. Die Bauteilarten umfassen Indexbolzen, Wellen, Kolbenstangen, Nadeln und Druckplatten. Mit den verschiedenen Bauteilarten ergaben sich eine Reihe neuer Herausforderungen. Durch die unterschiedlichen Geometrien und technischen Anforderungen konnte Betz-Chrom neue Erkenntnisse hinsichtlich der Maskierung und Kontaktierung der Teile gewinnen. Der Produktionsbetrieb über mehrere Tage und die Beschichtung von Kleinserien offenbarte, dass die Anlage noch nicht prozesssicher betrieben werden kann. Fehlerursachen und Einflussfaktoren sind dabei teilweise noch unbekannt.
Mit Zeit und mehreren Versuchen gelang es bei fast allen Bauteilarten eine qualitativ hochwertige Beschichtung zu erzeugen. Die Reproduzierbarkeit ist jedoch noch nicht gegeben. Warum unter gleichen Produktionsbedingungen die Beschichtungsergebnisse teilweise nicht wiederholt werden können, stellt den Oberflächenbeschichter noch vor ein Rätsel. Grundsätzlich liess sich feststellen, dass die Beschichtung bei kleinen Bauteilen mit einfachen Geometrien in der Regel erfolgreich verläuft. Bei grösseren Abmessungen oder komplexen Geometrien führt die geringe Streufähigkeit des Elektrolyten zu Problemen. Des Weiteren bestätigte sich die hohe Relevanz der korrekten Vorbehandlung. Der Elektrolyt verzeiht diesbezüglich keine Fehler. Das ist insbesondere ein Nachteil für Lohnbeschichter, die mit vielen verschiedenen Grundmaterialien und Vorprozessen konfrontiert sind. Betz-Chrom sieht sich in der Entscheidung bestätigt, bereits in dieser frühen Phase das Beschichtungssystem an Kundenbauteilen mit den jeweiligen technischen Anforderungen zu testen. Viele Monate der Beschichtung von Prüfbolzen hätten den Oberflächenbeschichter nicht die Erkenntnisse gewinnen lassen und den Verbesserungsbedarf aufzeigen können, die das Unternehmen in den Wochen der ersten Testphase mit Kundenbauteilen erlangte. Der «Praxistest» hat gezeigt, wo der Fokus für die notwendige Weiterentwicklung des Beschichtungsverfahrens gelegt werden muss.
Bei Interesse an einer Forschungskooperation zur funktionellen Beschichtung mit Chrom(III) steht der Vertrieb der Betz-Chrom GmbH gerne für Anfragen zur Verfügung: anfragen@betz-chrom.de