Autoreifen enthalten 5-15 Prozent chemische Additive, darunter Antioxydanzien, Antiozonierungsmittel, Vulkanisierungsmittel und Antialterungsmittel. Diese Stoffe verbessern die Leistung und Haltbarkeit der Reifen, können sich jedoch aus den Reifen lösen und in die Umwelt gelangen. Anya Sherman, Doktorandin am CeMESS und Erstautorin der Studie, erklärt: "Die Toxizität von Reifen- und Strassenabriebpartikeln hängt mit ihren organischen Zusatzstoffen und deren Umwandlungsprodukten zusammen."
Wege in die Landwirtschaft
Diese chemischen Verbindungen können durch atmosphärische Ablagerung, Bewässerung mit aufbereitetem Abwasser und die Verwendung von Klärschlamm als Dünger in die Landwirtschaft gelangen. "Dort können sie von Pflanzen aufgenommen werden und so auch den Menschen erreichen", erklärt Thilo Hofmann, Leiter der Forschungsgruppe.
Nachweis in Blattgemüse
Die Forscher analysierten Gemüseproben aus der Schweiz und Israel und konnten geringe, aber nachweisbare Konzentrationen von Reifenadditiven im Blattgemüse feststellen. Beispielsweise wurden 238 ng/kg Benzothiazol (BTZ) und 0,4 ng/kg 6PPD gemessen. Diese Stoffe können über die Nahrung aufgenommen werden, was zu einer täglichen Aufnahme von 12 bis 1.296 ng BTZ und 0,06 bis 2,6 ng 6PPD pro Person führt. "Während die Konzentrationen und tägliche Aufnahme zum Glück relativ gering sind, findet man dennoch Stoffe aus Autoreifen in der Nahrung. Da gehören sie nicht hin," betont Hofmann.
Feldstudien bestätigen Laborergebnisse
Bereits 2023 konnten die Forscher zeigen, dass Additive aus Autoreifen prinzipiell von Pflanzen aufgenommen werden können. In der aktuellen Studie wurde untersucht, ob dies auch unter natürlichen Wachstumsbedingungen geschieht. Dafür wurden echte Proben aus Supermärkten in der Schweiz und Feldgemüse aus Israel analysiert. Die hochauflösende Massenspektrometrie ergab, dass Salatpflanzen unter realen Bedingungen Reifenabrieb-Chemikalien aufnehmen können.
Ausblick auf weitere Forschung
Die Studie zeigt deutlich, dass Reifenabrieb-Chemikalien in der Nahrungskette landen können. Thilo Hofmann betont die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen: "Als nächste Schritte sollten nun die gesundheitlichen Aspekte untersucht werden."
Die Ergebnisse dieser Forschung sind von grosser Bedeutung, da sie das Bewusstsein für die potenziellen Risiken chemischer Rückstände in Lebensmitteln schärfen und weitere Untersuchungen zur Minimierung dieser Risiken anstossen können.