Herr Röschli, bitte fassen Sie zusammen, warum der Verein ERDE Schweiz gegründet wurde und was er erreichen will.
Wir wollen ausgediente Silofolien aus der Landwirtschaft sammeln und recyceln. Wir wollen damit in der Schweiz ab Januar 2022 beginnen und so der Umweltbelastung durch die Folien aus Polyethylen (PE) entgegenwirken. Als Verein sind wir dabei vertraglich flexibler.
Ist es realistisch, das System schon ein halbes Jahr nach Vereinsgründung auf die Beine zu stellen?
Ja, es ist zwar sehr ambitioniert, aber realistisch. Bereits vor der Gründung hatten wir Rücksprachen mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU), damit wir alsbald loslegen können. Es gab zwar vorab einige langwierige Detaildiskussionen mit Skeptikern. Wir haben aber schliesslich gefunden, dass wir die wichtigsten Stakeholder an Bord haben und jetzt erstmal gründen wollen. Wir haben z.B. mit Markus Tonner von der InnoRecycling AG einen sehr erfahrenen und kompetenten Recycler an Bord. Ohne ihn und sein Know-how wären wir nicht da, wo wir jetzt sind.
Wie viele Mitglieder hat ERDE Schweiz und wer ist sonst noch dabei?
Am 14. Juli 2021 haben wir den Verein mit 15 Mitgliedern gegründet. Im Vorstand sind unter anderem zwei Hersteller und ein Händler. Der Vorstandsposten des Händlers wird jährlich neu vergeben an einen anderen Händler aus dem Lohnunternehmerverband. Langfristig wollen wir einen Beirat gründen und erhoffen uns, dass wir das BAFU dafür gewinnen können. Wir suchen den gegenseitigen Austausch und wollen Transparenz schaffen.
Was ist seit der Vereinsgründung im Juli 2021 passiert?
In der ersten Novemberwoche hatten wir die erste Vorstandssitzung, da wurden die Unterschriftsberechtigungen und das Budget festgelegt. Die ersten Ausgaben werden für die Erstellung der Website und die Anfertigung und das Drucken von Informationsunterlagen gemacht. Mit bestehenden Sammelstellen haben Gespräche stattgefunden, um sie vertraglich zu binden. Die Verträge werden derzeit erstellt. Ausserdem ist der Ausbau der Sammelstellen angelaufen. Da Sie gerade die Sammelstellen erwähnen: Können Sie mehr zum Recyclingsystem sagen? Die Blaupause stammt vom Partnerverein ERDE Deutschland, der bereits ein gutes System etabliert hat. Die Gesetzeslage unterscheidet sich in der Schweiz nur minimal und das System funktioniert gleich: Der Verwender der Folie zahlt beim Kauf eine vorgezogene Recyclinggebühr von CHF 1.– pro Rolle Folie, was auch dazu dient den Umweltaspekt erkenntlich zu machen. Die Gebühr geht anteilig anhand von Tonnen an die Sammelstellen, die die Folien bestenfalls besenrein und gepresst annehmen.
Kommt die Schweiz mit diesem System denn allein zurecht?
Nein. Zum Vergleich: Derzeit ist das deutsche System ca. zehn Mal so leistungsstark, wie das System in der Schweiz. Die Schweiz kann die 6000 bis 10000 Tonnen Folien, die jährlich anfallen, nicht allein bewältigen. Dazu ist Export in EU-Länder nötig und es war wichtig, dass das BAFU hier im Bilde ist, damit alles geregelt ist.
Die alten Folien werden also per Lkw durch Europa zum Recycling gefahren. Dämpft das nicht den Umweltnutzen?
Da sprechen Sie etwas Wichtiges an. Natürlich fällt durch den Transport CO2 an. Wir wollen daher massiv die Sammelstellen ausbauen und zusätzliche schaffen. Das Recycling ist allerdings schon jetzt mit dem Transport durch Europa eine gute Idee. Erstens wird das Öl teurer und dadurch auch das Plastik aus Neumaterial. Durch Kreislaufwirtschaft werden Kosten gespart, weil man unabhängiger von Kohle- und Ölimporten ist. Zweitens ist es immer noch besser, das ausgediente Plastik innerhalb von Europa zu transportieren und zu verwerten, als den Abfall in weite Ferne zu transportieren, wo wir nicht mehr in der Hand haben, was damit passiert. Wir wollen die Kapazitäten im Land steigern, um weniger exportieren zu müssen. Unser Ziel sind 50–60 Sammelstellen im ersten Jahr und wir sind guter Dinge, dass wir das auch schaffen.
Weitere Informationen unter: www.erde-schweiz.ch