Ganze 10,6 Prozent beträgt der Zuwachs des Gesamtumsatzes 2018 der Schweizer Kunststoffindustrie gegenüber dem Vorjahr. Erstmals wurde die 16-Mrd.-Franken-Marke geknackt. Die Branche trägt damit rund 2 Prozent zum BIP bei. Der doch massive Zuwachs veranlasste Kunststoff. swiss-Geschäftsführer Kurt Röschli und Dr. Ernesto Engel (ehemaliger Geschäftsführer) – die beiden werten jeweils gemeinsam das Zahlenmaterial aus – noch zusätzliche Gespräche mit Betrieben zu führen, um die Daten weiter abzusichern. «Hinter den vorliegenden Zahlen können wir stehen», sagt Röschli. «Das Jahr 2018 lief für die meisten Marktplayer extrem gut bis in den August hinein. Im letzten Quartal machten sich leichte Bremsspuren bemerkbar.»
Röschli hält fest, dass sich die Geschäftsverläufe der Mitglieder von Plastics Europe (Verband deutscher Kunststofferzeuger) praktisch parallel zu denjenigen in der Schweiz bewegt haben. «Treibende Kraft in der EU ist die Automobilindustrie und diese hat aus bekannten Gründen (CO2-Emission, Diesel-Skandal) an Schub verloren. Das merken auch die Schweizer Zulieferer, was mir auch bestätigt wurde», so der Geschäftsführer weiter. Von den gut 16 Mrd. Franken haben sich alle Branchen ein grösseres Stück vom Kuchen abgeschnitten, allen voran mit einem Zuwachs von 10,9 Prozent auf 10,547 Mrd. Franken die Verarbeiter. Sie konnten nicht nur höhere Umsätze erwirtschaften, sondern auch höhere Preise erzielen. Dies wird auch durch den Index Umsatz Gummi- und Kunststoffwaren vom Bundesamt für Statistik erhärtet. Einen ähnlich starken Zuwachs wie die Verarbeiter legten auch die Rohstofflieferanten (+ 10,2 Prozent) und die Formenbauer (+ 10 Prozent) hin. Regelrecht explodiert sind mit einem Plus von 18 Prozent die Umsätze der Verwertungsbetriebe. «Bei den Verwertungsbetrieben war das so zu erwarten, weil die Notwendigkeit, Material zu recyceln, in der Schweiz erkannt ist; auch das Bundesamt für Umwelt (Bafu) hat verstanden, dass neben der thermischen Verwertung (80 Prozent) auch mechanisch recycelt (12 Prozent) werden muss. Ein Teil wird exportiert. Insgesamt entsorgen wir 99,3 Prozent des Kunststoffabfalls, das heisst, wir littern nur 0,7 Prozent», führt Röschli aus.
Mehr Mitarbeitende, weniger Firmen
Auch die Mitarbeiterzahl ist um 4,6 Prozent auf 33 764 gewachsen. Das Plus erfolgte hier vor allem bei den Verarbeitern. «Die Zahlen zeigen, dass die Betriebe einen Teil ihres Umsatzes in die Mitarbeiter investiert haben», erläutert der Geschäftsführer die erfreuliche Tendenz. Während der Personalbestand seit 2016 nur eine Richtung kennt, nämlich nach oben, geht die Anzahl der Firmen zurück. 2018 zählte die Branche 775 Unternehmen, das sind 1,1 Prozent weniger als im Vorjahr.
Dazu bemerkt Röschli: «Natürlich gab es Konkurse, Zusammenlegungen, Produktionsschliessungen, Verlagerungen, aber es gab auch Neugründungen, und die sind in der Firmenanzahl nicht erfasst. Diese werden wir ab nächstes Jahr in unsere Umfrage miteinbeziehen.» Die verarbeiteten Mengen von Kunststoff und Kautschuk sind mit 817 346 Tonnen quasi konstant geblieben (2017: 824 445 t, -1 Prozent). Dies ist aber der Konstanz der Kunststoffmengen zu verdanken. Die Kautschukmenge ist um 12,3 Prozent auf 42 165 t gesunken. Diesen Rückgang erklärt Röschli mit der Verlagerung von Kautschuk zu Kunststoff (TPE). Als Beispiel nennt er Dichtungen. Dieses Material (thermoplastische Elastomere) sei einfacher zu verarbeiten und – heute besonders wichtig – auch einfacher zu recyceln.
Ausgeprägte KMU-Struktur
Die Kunststoffbranche der Schweiz ist von KMU geprägt (circa 660 der 775 Betriebe haben weniger als 100 Mitarbeitende), das ist seit Jahren so und hat sich auch im Betrachtungsjahr nicht geändert. So beschäftigen rund 280 Betriebe mit weniger als 10 Personen insgesamt etwas über 1000 Mitarbeitende. Im Gegenzug beschäftigen rund 50 Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden etwa 13 000 Personen. Nicht nur die Umsätze sind gestiegen, auch die Exporte profitierten von der guten Wirtschaftslage. Gemäss der eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) konnten 2018 Halbfabrikate im Wert von 1667 Mio. Franken und Fertigfabrikate in Höhe von 1834 Mio. Franken exportiert werden. Das entspricht einem Plus von 4,7 respektive 7,7 Prozent zum Vorjahr. «Das ist auch ein Gütesiegel für die Schweizer Betriebe. Dass diese mit dem hohen Schweizerfranken in der Lage sind, so viel zu exportieren, zeugt von Qualität, Zuverlässigkeit, verlässlichem Service und guten Dienstleistungen», so Röschli. In der Verteilung der Anwendungen gibt es nur marginale Veränderungen. Nach wie vor führt der Verpackungsbereich mit 41,2 Prozent vor dem Bau mit 38,9 Prozent. Weitere wichtige Bereiche sind Fahrzeug (5,9 Prozent), Medizin (4,9 Prozent) und EE (4,0 Prozent). Die restlichen 5,1 Prozent entfallen auf Landwirtschaft, Haushalt und Sonstige. Etwas Analysespielraum liefern die Import- und Exportvolumen von Kunststoffabfällen gemäss der EZV. 2018 wurden 90 814 t Kunststoffabfälle ausgeführt und 53 766 t importiert. Röschli betont, dass es sich beim Export um Material handelt, das wir zur Rezyklierung ins Ausland (vor allem nach Deutschland) schicken. Das Importmaterial stammt gemäss Röschli zu 67 Prozent aus Deutschland, 20 Prozent aus Frankreich und knapp 10 Prozent aus Österreich. «Das ist Qualitätsware, die eingeführt wird.»
Anhaltender Fachkräftemangel
Trotz grosser Anstrengungen in der Lehrlingsausbildung seitens des Verbands Swiss Plastics und der Branche bleibt das Thema Fachkräftemangel ein Dauerbrenner. Von den insgesamt 1600 Azubi liessen sich 525 (Vorjahr: 547) Lehrlinge zu Polymechanikern ausbilden, 228 (289) zu Kunststofftechnologen, 161 zu Formenbauer und 71 (47) zu Kunststoffverarbeitern; 131 wählten als Berufsziel Logistiker und der Rest entfällt auf KV und übrige.
Ausblick positiv, aber gedämpft
Wie jedes Jahr fühlte der Verband auch den Puls der Unternehmen bezüglich Ausblick auf die nächsten Monate. Während letztes Jahr in puncto Personal und Umsatz noch fast durchgehend die Sonne schien, zeigen sich nun leichte Wolken am Wirtschaftshimmel (Stand März 2019). Insgesamt erwarten noch 48 Prozent der Unternehmen einen höheren Umsatz (März 2018: 64 Prozent) und 40 Prozent gehen von einem gleichbleibenden Umsatz aus (28 Prozent). Statt 8 Prozent wie im Vorjahr rechnen 12 Prozent mit einem rückläufigen Umsatz. Erfreulich ist: 64 Prozent wollen am Personal festhalten (58 Prozent) und 27 Prozent beabsichtigen, Mitarbeitende einzustellen (33 Prozent). «Nur» 9 Prozent – gleich viel wie im Vorjahr – geben an, die Mitarbeitendenzahl reduzieren zu wollen. Alles in allem ist Röschli zuversichtlich, dass auch das laufende Geschäftsjahr zwar nicht mehr ganz so rosig, aber immer noch positiv ausfallen wird.
KUNSTSTOFF.swiss
Der Verband KUNSTSTOFF. swiss ist der Vertreter der Schweizer Kunststoffindustrie, deren rund 800 Unternehmen mit ihren 35 000 Mitarbeitenden einen Jahresumsatz von circa 16 Mrd. Franken erreichen. Ziel des Verbandes ist es, den verantwortungsvollen Umgang mit der Ressource Kunststoff zu fördern, ökonomisch und ökologisch sinnvolle Lösungen zur Verwertung von Kunststoffabfällen zu entwickeln und seinen Mitgliedern moderne, zielgerichtete Möglichkeiten zur beruflichen Aus- und Weiterbildung zu bieten. Zurzeit gehören KUNSTSTOFF. swiss knapp die Hälfte aller in der Schweizer Kunststoffindustrie tätigen Unternehmen an. Präsidiert wird der Verband KUNSTSTOFF.swiss von Silvio Ponti.
Marianne Flury ist seit 2011 Chefredakteurin von KunststoffXtra, die Schweizer Fachzeitschrift für Werkstoffe, Verarbeitung und Anwendungen. Vorher war sie 20 Jahre lang Chefredakteurin von Kunststoff.swiss, ehemals SwissPlastics beziehungsweise Kunststoff-Synthetics. Sie ist in der Kunststoffbranche im D-A-CH-Gebiet bestens vernetzt.
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